Die Geschichte beginnt mit einer Postkarte und einer verschlüsselten Nachricht: „Lieber Phillip. Ich kann nicht weitermachen m.o.s.! S.O.S! Komm nach Lissabon mit all deinen Sachen a.s.a.p.! Lieber Gruß, Fritz.”
Wer ist wer? Und was bedeuten all diese Abkürzungen? S.O.S. ist klar und a.s.a.p. unterstreicht die besondere Dringlichkeit der Angelegenheit: Komm As Soon As Possible! Aber was bedeutet „m.o.s.”? Nur wer schon einmal an einem Filmset gearbeitet hat, weiß vielleicht, daß der Ausdruck aus den Anfängen des Tonfilms stammt, und der Legende nach auf Erich von Stroheim zurückgeht, der stumm weiterdrehen wollte, nämlich „mit ohne sound”.
Bald klärt sich auf: Die Postkarte stammt von dem Regisseur Friedrich Munroe (Patrick Bauchau), der seinen Freund Phillip Winter (Rüdiger Vogler) bittet, ihm zu Hilfe zu kommen. Friedrich dreht gerade im Alleingang in Lissabon einen Film, und Winter ist Toningenieur. Friedrich hat sich verrannt: er wollte einen Film drehen, als ob die ganze Filmgeschichte nie statt gefunden hätte. Ein Mann alleine in den Straßen, mit einer Handkurbel-Kamera, genau so wie Buster Keaton in THE CAMERAMAN. Nun hofft er, daß Winters Mikrofone seine Bilder „aus der Dunkelheit ziehen“ und sein ganzes Unternehmen noch retten können.
25 Jahre LISBON STORY
In diesem Jahr wird LISBON STORY 25 Jahre alt. Wim Wenders’ 14. Film ist eine Hommage an die Stadt Lissabon und eine Verneigung vor der Filmgeschichte, zu deren 100stem Geburtstag er entstand. Der Soundtrack machte die Gruppe Madredeus weltberühmt.
Die Magie des Lichts führt durch die weiße Stadt am Tejo und die Klänge von Fado hallen unseren Schritten durch Alfama nach. Wim Wenders hat Lissabon, der europäischen Kulturhauptstadt von 1994, eine Hommage geschaffen und eine Hommage an die Welt der Töne. 25 Jahre später hat der Film LISBON STORY nicht an Strahlkraft und Bedeutung verloren – Lissabon ist ein beliebtes Reiseziel und die lange Autofahrt durch ein Europa ohne Grenzen zu Beginn des Filmes ist heute wohl mehr denn je Vision und Symbol für ein freiheitliches und friedlich vereintes Europa.
„Die Landschaft ist dieselbe geblieben,
erzählt immer wieder die gleiche
Geschichte von einem alten Kontinent,
der die Kriege satt hat.
Gutes Gefühl, einfach fahren,
an nichts denken,
die Straßen und den Geist der Geschichte
durch mich durchziehen lassen…
Ja, hier bin ich zu hause,
das hier ist mein Heimatland,
(laughs) ma patrie, la mia patría,
la mia pátria, my home country.“
(Phillip Winter in: LISBON STORY von Wim Wenders, 1994)
Reiseroute durch Europa für LISBON STORY, handschriftliche Kennzeichnung von Wim Wenders © Wim Wenders Stiftung 2019
4K-Restaurierung in 2019
Aktuell sind weltweit nur noch drei 35mm-Prints von LISBON STORY verfügbar. Ein digitales Vorführformat existiert noch nicht. Mit den ersten Schritten der Restaurierung konnte im Juni 2019 begonnen werden (Scanning, Farbkorrektur, Retusche und Stabilisierung). Die Digitalisierung wird unterstützt durch das Förderprogramm Filmerbe finanziert durch BKM, Länder und FFA.
Mit dem Restaurierungsvorhaben im Jubiläumsjahr von LISBON STORY, den Wim Wenders persönlich oft als seinen „europäischsten Film“ bezeichnetet hat, möchte die Wim Wenders Stiftung Liebhaber des Autorenkinos und der Wenders-Filme zusammenbringen mit Musikbegeisterten, Fado-Verehrern, Europa-Enthusiasten und Lissabon-affinen Stadtflaneuren.
Photo-Kontaktabzug von der Motivsuche in Lissabon, Archiv der Stiftung © Wim Wenders Stiftung
Release der restaurierten Fassung
Die internationale Premiere der restaurierten Fassung fand im November 2019 im Rahmen des Lisbon & Estoril Film Festivals statt, fast exakt 25 Jahre nach der Uraufführung des Films 1994 in Lissabon. Bereits vorab lief am 27. Oktober 2019, dem UNESCO Welttag des audiovisuellen Erbes, eine Double Feature Vorführung im DFF – Deutsches Filminstitut und Filmmuseum in Frankfurt, mit LISBON STORY und VISIT OR MEMORIES AND CONFESSIONS von Manoel de Oliveira (1982). Die Vorabpremiere in Frankfurt wurde als Teil der Reihe A Season of Classic Films gefördert durch das Creative Europe MEDIA Programm.
Wim Wenders in Lissabon © Donata Wenders 1992