DER RAUM ZWISCHEN DEN PERSONEN KANN DIE DECKE TRAGEN

unter diesem Ausstellungstitel wird die Weserburg – Museum für moderne Kunst ab dem 05. Dezember 2015 die Sammlung Ivo Wessel präsentieren. Zu den ausgestellten Werken von insgesamt 30 Künstlern gehört auch die jüngst fertig gestellte Videoarbeit „James Reading – Reading James“ von Donata Wenders. Die knapp sechsminütige Filmcollage portraitiert den Hauptdarsteller James Franco, der während der Dreharbeiten zu Wim Wenders’ letztem 3D-Spielfilm EVERY THING WILL BE FINE in jeder Pause, unermüdlich dutzende Bücher verschlungen hat. Donata Wenders leiht uns für einen kurzen Moment ihre Augen und ergänzt durch ihren Film die von Wenders erzählte Geschichte mit einem Blick hinter die Kulissen. Ihre Videoarbeit ist Ergebnis der 20 jährigen Zusammenarbeit mit Wim Wenders sowie eines enormen Bilderreichtums, der das künstlerische Schaffen von Wim Wenders nicht nur dokumentiert, sondern die verschiedenen Arbeitsräume verbindet und nunmehr in ein eigenwertiges, künstlerisches Medium übersetzt hat.

Der Ausstellungstitel ist ein Zitat aus Wim Wenders’ Film DER STAND DER DINGE von 1982. Im besagten Dialog debattiert der Regisseur Friedrich Munroe mit seinem Produzenten, Filme bräuchten nicht zwangsläufig Geschichten – so wie Häuser Mauern. Die Last könne auch immer vom Raum zwischen den Personen getragen werden. DER STAND DER DINGE ist gleichermaßen eine Reflexion über die Poesie und die Krise des Kinos, denn Wenders’ erste Erfahrungen in Hollywood fließen in den Film mit ein. 1982 hatte er für Francis Ford Coppola die Dreharbeiten zu dem Kriminalfilm „Hammett“ aufgenommen. Eine Drehunterbrechung führte ihn dann an die Küste Portugals.

Es sei ein gefundener Film, so Wenders, der „versucht, durch die Reduktion auf das Schwarz-Weiße auch eine gewisse Distanz herzustellen. Und es ist wirklich der erste von meinen Filmen, der viel eher von Ideen ausgegangen ist als von einer physisch konkreten Spielsituation.“

Trotzdem ist wieder ein Ort Ausgangspunkt der Geschichte. In dem Film im Film entspinnt sich in einem verlassenen Hotel an der Küste Portugals die apokalyptische Endzeitvision eines fiktiven Science-Fiction-Klassikers. Schwarzweißphotographien von dem Hotel an der Praia Grande sind sowohl in der Bremer Weserburg als auch in der Ausstellung IN BROAD DAYLIGHT EVEN THE SOUNDS SHINE zu sehen, die am 7. November im Rahmen des Lisbon & Estoril Filmfestivals parallel zu einer Wenders Filmreihe eröffnete und noch bis zum 2. April 2016 im Reservatório da Mãe d’Água das Amoreiras läuft. Die Lissaboner Ausstellung, deren Titel ein Zitat von Fernando Pessoa ist, bringt 28 Photographien zusammen, die zwischen 1980 und 1994 in Vorbereitung der Dreharbeiten zu den Spielfilmen “Stand der Dinge“, „Bis ans Ende der Welt“ und „Lisbon Story“ entstandenen sind.

Das Meer vor dem noch heute genutzten Hotel Arribas liegt still und winterlich grau an der Praia Grande. „Von diesem Ort hatte ich immer in Schwarzweiß geträumt. Schwarzweiß mit zahlreichen Grauabstufungen. Vielleicht war mein Traum auch das Nachspiel eines alten Films, eine Erinnerung, über die Zeit an den Rändern verschwommen, mit ausgelaufenen Farben“, schreibt Verena Lueken im Reiseblatt der FAZ.[1] Nach DER STAND DER DINGE entfaltet vor unseren Augen zwei Jahre später PARIS, TEXAS die glühende Kraft der Farbe auf der Kinoleinwand. Der Wenders-Raum zwischen den Figuren ist bis unter die Decke reich gefüllt. Wir werden weiter daran arbeiten, die verschiedenen Facetten aufzufächern und sichtbar zu machen.

Wir danken allen Mitarbeitern, Partnern, Projektinitiatoren, Impulsgebern, Beratern, Wegbegleitern und Freunden, die dieses ereignisreiche und außergewöhnliche Jahr mit gestaltet und uns begleitet haben. Wir wünschen allen einen besinnlichen Jahresausklang und einen guten Start in das neue Jahr!

Im Namen des Vorstandes

und Stiftungsteams,

Laura Schmidt

Geschäftsführerin

 

UND: OHREN AUF! Die im August angekündigte Geburtstagsplatte „Wim’s. Driven by Music“ ist nun erhältlich. NUR AUF VINYL, limitiert auf 5000 Stück. Alle Informationen finden Sie hier: www.wendersmusic.com

[1] Auf Initiative von Freddy Langer wurde das Reiseblatt der FAZ Wim Wenders zum 70. Geburtstag gewidmet. Verena Lueken, „Es war einmal ein Schwimmbecken“,  Nr. 186 vom 13. August 2015, S. R6.