Zum achten Mal hat die Film- und Medienstiftung NRW gemeinsam mit der Wim Wenders Stiftung das Wim Wenders Stipendium verliehen. Unter Einhaltung der 2G-Regel fand die Verleihung im Weltkunstzimmer in Düsseldorf-Flingern statt. Das renommierte Stipendium, das jährlich mit einer Gesamtsumme von rund 100.000 Euro ausgelobt wird, ermöglicht jungen Filmemacher:innen, die mit neuen Mitteln erzählen wollen, eine unabhängige Entwicklung ihrer filmischen Ideen.

Aus insgesamt 38 Anträgen wählte die Jury – bestehend aus Petra Müller, Geschäftsführerin Film- und Medienstiftung NRW, Mirko Derpmann, Kreativdirektor Scholz & Friends Agenda, und dem Vorsitzenden Wim Wenders – fünf Projekte aus. Ausschlaggebend bei ihrer Entscheidung waren die stoffliche Qualität und eine überzeugende visuelle Konzeption.

Juryvorsitzender Wim Wenders: „Die eingereichten Projekte haben uns als Jury in diesem Jahr in ihrer Qualität und Vielschichtigkeit besonders beeindruckt und uns mehr als sonst vor die Qual der Wahl gestellt. Die durchweg innovativen und kraftvollen Ideen beweisen, dass unser Stipendium im achten Jahr wirklich ‚angekommen‘ ist. Auch in den jährlichen Kolloquien mit den neuen und alten Stipendiat:innen, zeigt sich, wie sehr das Wim Wenders Stipendium ihnen bei der so wichtigen Phase der Entwicklung ihrer Stoffe hilft. Es haben ja inzwischen schon viele der geförderten Projekte die Kinoleinwand erblickt, was wunderbar ist. Mein Glückwunsch geht an die diesjährigen Stipendiat:innen und ich möchte allen Bewerber:innen für ihr Vertrauen danken!“

„Romeo und Julia im Weltraum-Bahnhof, ein feministischer Schülerinnen-Report, die fiktive Biografie eines Software-Moguls, Lebendmöbel und ein junger Fußballer auf der Suche nach seiner indigenen Identität: In diesem Jahr waren die Stoffideen der Antragsteller:innen überaus eigenwillig und außergewöhnlich. Von den fünf geförderten Filmemacher:innen waren je zwei aus NRW und Berlin sowie einer aus Hessen, darunter dieses Mal drei Frauen. Wir wünschen allen Stipendiat:innen viel Erfolg bei der Entwicklung ihrer Ideen“, so Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW.

Preisträger

„Der Schülerinnen-Report“ von Sylvia Borges
Feministischer Gegenentwurf zum 70er Jahre-Erfolg, 25.000 Euro

KHM-Absolventin Sylvia Borges arbeitet an einer Neuauflage des berühmten Schulmädchen-Reports, der Anfang der 1970er Jahre in die Kinos kam und bis heute zu den zehn erfolgreichsten deutschen Filmen gehört. Der Unterschied: Borges bedient keine Männerfantasien, sie erzählt wahre Geschichten über die Sexualität junger Frauen. Aufbau und Bildsprache zitieren zwar das Original, bilden aber einen feministischen Gegenentwurf.

„Hazy Valley“ von Lea Schlude
Angehender Fußballprofi auf der Suche nach seiner indigenen Identität, 25.000 Euro

Lea Schlude, die Film und Philosophie in Berlin, Hildesheim und in Belém, Brasilien, studierte, begibt sich auf die Spuren des 17-jährigen Joseph, einem angehenden Profifußballer mit indigenen Wurzeln. Der talentierte Kicker ist mit seinem Onkel Matt zum ersten Mal weit weg von seinem Zuhause Los Angeles, um sich mitten im Ruhrpott voll und ganz auf seine fußballerische Zukunft zu konzentrieren. Doch die Fragen nach seiner Herkunft, seiner Identität als Mitglied des Stammes der Kizh Nation, der ursprünglichen Bevölkerung von Los Angeles, werden immer drängender. Allmählich wird dem Jungen das ganze Ausmaß der Verschleierung der indigenen Geschichte in seiner Heimatstadt bewusst.

„Ich bin Dein Licht“ von Quimu Casalprim
Von den Höhen und Tiefen eines Lebendmöbels, 20.000 Euro

Der einsame Zeus nimmt seine Arbeit als Lebendmöbel sehr ernst – egal ob in Kunstgalerien, in Sexclubs oder bei der reichen Fotografin Wanda und ihrer Liebhaberin. Sogar wenn alles um ihn herum zerfällt, bleibt Zeus sich treu, unbeirrt seine Funktion ausübend, leuchtend. Er ist eben nur ein Gegenstand, mit Haut, Augen, Ohren – und Herz. Filmemacher und Medienkünstler Quimu Casalprim absolvierte die Kunsthochschule für Medien Köln.

„Mein Name ist Hase“ von Jan Riesenbeck
Tragikomödie um den Wegbereiter von Fake-News, 15.000 Euro

„Mein Name ist Hase“ erzählt die fiktive Lebensgeschichte des Unternehmers Viktor Hase (1972 – 2048), einer der einflussreichsten und umstrittensten Personen der deutschen Geschichte. Der Technik-Freak entwickelt eine revolutionäre Software und bereitet damit den Nährboden für Fakes und Propaganda. Dann wird er zum Opfer seiner eigenen Technologie. Jan Riesenbeck absolvierte sein Filmstudium an der Kunsthochschule Kassel und arbeitet seitdem als freier Autor.

„Central Station“ von Henrika Kull
Eine besondere Begegnung in einem Cyberpunk-Weltraumbahnhof, 12.000 Euro

In „Central Station“ erzählt Henrika Kull, die Produktion an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin und Regie an der HFF Potsdam studiert hat, die Geschichte der unmöglichen Sci-Fi-Liebe von Eleni und Munir. Eleni will abhauen von der völlig zerstörten Erde, wie das ganz viele tun, und alles hinter sich lassen, ihre Erinnerung, ihre Enttäuschung, ihre Trauer und ihre Wut. An ihrem letzten Tag auf der Erde trifft sie Munir, der im Weltraumbahnhof als Ordner arbeitet. Die beiden verlieben sich und verlieren sich dort kurz darauf wieder. Sie können fortan nicht mehr zusammenfinden und werden einander dennoch niemals vergessen. Kulls Abschlussfilm „Jibril“ feierte 2018 im Panorama der Berlinale seine Premiere. Mit ihrem aktuellem Film Glück/Bliss, der dieses Jahr auf der Berlinale zu sehen war, ist sie gerade auf Festival Tour.